[Andreas Neider:] In einem Interview mit dem Onlinemagazin "focus online" hat der Chef der deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt vor der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht gewarnt und die momentan laufenden "Montagsspaziergänge" besorgter Bürgerinnen und Bürger zum Teil in Schutz genommen. Allein am vergangenen Montag demonstrierten auf solchen "Spaziergängen" Hunderttausende in ganz Deutschland. Diese verliefen wie auch zuvor überwiegend friedlich.
Doch Wendt sagte in Richtung der Politik insbesondere im Hinblick auf eine von vielen Politikern angestrebte allgemeine Impfpflicht:
„Leider muss man damit rechnen, dass die Proteste sich verstärken und es zu neuen Formen der Auseinandersetzung kommen kann. Dazu zählen ausdrücklich auch unfriedliche Aktionen.“
„Die Proteste gegen die Corona-Politik fordern den Rechtsstaat in nie gekannter Weise heraus.“ Vielen Menschen gehe es mittlerweile um weitaus mehr als um Maskenpflicht oder Abstandsgebote. „Sie sehen ihre Grundrechte und die Demokratie insgesamt in Gefahr und gehen deshalb auf die Straße."
Der Gewerkschafter sieht die Polizei in einer äußerst schwierigen Lage. Einerseits müssten die Beamten das Versammlungsrecht als „Herzstück unserer Demokratie“ auch in Pandemiezeiten schützen. „Gleichzeitig ist die Polizei in der Verantwortung, Regelungen durchzusetzen, die durch die gewählte Politik mit unzweifelhaft demokratischer Legitimation erlassen wurden“, so Wendt. Wenn dieser Spagat gelingen solle, seien „Rückendeckung und Vertrauen durch die Politik unerlässlich“.
Wendt verwies im Gespräch mit FOCUS Online auch darauf, dass eine unangemeldete Versammlung „nicht automatisch illegal“ sei. „Die Rechtsprechung hat hohe Hürden für ein Einschreiten der Polizei gesetzt.“ Jede Versammlung müsse gesondert bewertet werden. „Ein standardisiertes Einschreiten wäre nicht nur taktisch falsch, sondern sicher auch rechtswidrig.“ Wendt: „Selbst wenn bei Versammlungen gegen Auflagen verstoßen wird, steht nicht die Auflösung im Vordergrund, vielmehr ist die Versammlungsleitung in der Pflicht, die Teilnehmenden zur Beachtung der Vorschriften zu ermahnen.“
Zu Meldungen, wonach Teile der Polizei selbst unzufrieden seien mit dem Corona-Kurs der Regierung und sich sogar selbst an Protesten beteiligten, sagte Wendt: „Ob und inwieweit unter den Hunderttausenden Kolleginnen und Kollegen solche sind, die mit dem Corona-Kurs der Regierung unzufrieden sind, kann man zahlenmäßig nicht erfassen, das mag es aber sicher geben.“ Er ergänzte: „Aber es gibt ja auch keine Rechtsverpflichtung, mit der Corona-Politik der Regierung zufrieden zu sein, zumal ein Corona-Kurs nicht immer erkennbar ist.“
In diesem Zusammenhang übte Wendt scharfe Kritik an politischen Entscheidungsträgern in Bund und Ländern. „Dass die Polizei ausbadet, was die Politik angerichtet hat, gehört zum Berufsbild leider dazu.“ Doch gerade in Pandemie-Zeiten sei die Politik in der Pflicht, „durch Klarheit in der Entscheidung und Deeskalation in der Sprache die gesellschaftlichen Konflikte nicht noch hochzukochen und rivalisierende Gruppierungen nicht noch gegeneinander aufzustacheln.“ Wendt zu FOCUS Online: „Auch der Generalverdacht gegen einzelne Gruppen ist eher geeignet, Konflikte zu schüren, als sie zu besänftigen, etwa wenn Kritiker der Regierung pauschal ins Lager von Corona-Leugnern oder gleich in die rechte Ecke gestellt werden.“
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Roland Frank (Freitag, 07 Januar 2022 12:54)
S.g. Redaktion !
Danke für diesen Blick in die Dilemmata der Polizei. Wir MÜSSEN diese Spannung gemeinsam aushaltend und weitestgehend kosensuell lösen. Denn nach Corona als Probegalopp haben wir die Klimakrise zu bewältigen, das wird um 95% komplexer. Es geht um den Existenzerhalt ALLER.
Ich möchte nicht dass wir die Demokratie dadurch zur Disposition stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr.med.Roland Frank, A-1230 Wien Rielg.45 roland.frank.eu@gmail.com