[Andreas Neider:] Die Fehlentwicklungen in der Corona-Pandemie haben tiefere Ursachen. Fortschritt und Menschlichkeit in Medizin und Gesellschaft haben nicht miteinander Schritt gehalten. Das mechanistische Weltbild, das zu Biologismus und Optimierungswahn geführt hat, hat sich - trotz gegenläufiger Tendenzen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts - mehr und mehr durchgesetzt. Das gegenwärtige Narrativ vom alleinigen Heilmittel der Impfungen zeigt, wohin die Entwicklung in der Medizin weiter gehen wird, wenn dem nicht von Seiten der an der Gesundheit des Menschen orientierten Medizin erneut entgegen gewirkt werden kann.
In einem Gastbeitrag auf der Webseite des Politmagazins "Cicero" beschreibt der seit 35 Jahren praktizierende Hausarzt Dr. med. Erich Freisleben zwei konkurrierende Prinzipien in der Medizin der letzten 200 Jahre: den des heilenden und den des forschenden und experimentierenden Arztes.
Wir geben nachfolgend einige zentrale Gedanken dieses ausgesprochen tiefe Einblicke in die Kultur- und Medizingeschichte der letzten 200 Jahre gebenden Beitrages wieder:
Der „Heil-Arzt“ arbeitet aufgrund des 2000 Jahre alten Eides des Hippokrates. Sein Verhaltenskodex beinhaltet den Ausschluss persönlichen Eigennutzes, vorsichtig zu sein und nicht zu schaden, die unmittelbare persönliche Verantwortung für die Heilung und das Arztgeheimnis.
Der "Arzt als Experimentator" erschien mit dem Aufschwung der materialistischen Naturwissenschaft Mitte des 19. Jahrhunderts. Sein Denken ist analytisch, sein Bestreben gilt dem Objektivieren. Die Erkenntnisse Darwins über die Evolution des Lebens auf der Erde und die Vorstellung einer naturgesetzlichen Mechanik von Variation und Selektion, die einen Automatismus der Höherentwicklung in Gang hielt, schien eine übernatürliche Weisheit überflüssig zu machen. Dadurch wurde die Bühne frei für den Arzt als Experimentator.
Das neue, nur noch am Materiellen orientierte Weltbild zündete eine sich immer schneller drehende Spirale von wissenschaftlicher Erkenntnis und technologischen Erfindungen, die dann in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in eine ethische Katastrophe von unermesslichem Ausmaß mündete.
"Das Erschrecken über das Ausmaß dieser Entwicklung machte nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem Schlag deutlich, wozu die Missachtung der menschlichen Kulturentwicklung führen kann. Mit dem Verlust von Metaphysik und Spiritualität war das regulative Gegengewicht zur intellektuellen zweckrationalen Logik verloren gegangen...."
Doch die eigentliche Wurzel des Übels, nämlich der Tausch des Prinzips der naturgegebenen Harmonie gegen ein Prinzip der nachbesserungswürdigen Optimierung, blieb unangetastet. Biologismus, Sozialdarwinismus und Optimierungswahn wurden in der Medizin nie ausgerottet – die geistigen Väter der Rassenlehre und der Rassenhygiene wie Eugen Fischer und Fritz Lenz konnten in der jungen Bundesrepublik unangefochten weiterlehren.
"Und dennoch kam es zu einer geistigen Erneuerung. Spätestens in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelte sich eine starke Bereicherung der Medizin durch außernaturwissenschaftliche Impulse. Psychotherapie, Naturheilverfahren, Meditation und östliche Methoden wie die Akupunktur gewannen mit einem Mal an Bedeutung. Das neue Gebiet der Psychoimmunologie wurde entdeckt. Die Medizin emanzipierte sich von der totalen Abhängigkeit wissenschaftlicher Laboratorien und erlebte einen kreativen Demokratisierungsprozess, der sich aufmachte, die Vielgestaltigkeit des Menschseins zu erkunden."
Doch diese mentale Erneuerungsbewegung wurde um die Jahrtausendwende erneut zurück gedrängt: Mit der evidenzbasierten Medizin kehrte die Überhöhung des alten biologistischen Prinzips mit einem Mal in die Arztpraxen und Kliniken zurück und erfasste fernerhin auch die gesamte Gesellschaft.
"Dabei sind die gegenwärtigen Debatten um Impfung und Impfpflicht nicht mehr als ein Vehikel, an dem der schon länger währende Kulturkampf endgültig sichtbar wird. Denn dass die „Nichtgeimpften“ nicht Gesellschaft oder Gesundheit bedrohen und dass die neue Impftechnik ohne Standardzulassung weder einen Schutz vor Infektionen noch vor Erkrankung bietet, müsste längst auch dem Einfältigsten offensichtlich geworden sein. Dass es im Angesicht der Faktenlage dennoch einen Druck oder gar Zwang zum Impfen gibt, ist nur einer kampagnengestützten Meinungsmache geschuldet, die in der Lage ist, selbst die offensichtlichste Vernunft noch unsichtbar werden zu lassen."
Der ganze Artikel kann hier nachgelesen werden.
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