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Innenministerium beauftragte Wissenschaftler mit Angstszenarien

[Andreas Neider:]  Nach internen Dokumenten, die die Wochenzeitung WELT AM SONNTAG am 7.2.2021 veröffentlicht hat, hat Innenminister Seehofer aus Angst vor einer zu schnellen Öffnung des ersten Lockdowns im April vergangenen Jahres den Auftrag erteilt,  ein Team von Wissenschaftlern ein Papier erarbeiten zu lassen, das dann als Legitimation für weitere harte politische Maßnahmen dienen sollte, über Ostern hinaus. Die Forscher lieferten innerhalb kürzester Zeit das gewünschte Papier, das dann in das mittlerweile bekannte Dokument des BMI als „Worst-Case-Szenario“[1] einfloss.

 

Zuvor hatten Christian Drosten und Lothar Wieler, der Chef des Robert Koch-Instituts (RKI), dem Innenminister einen Besuch abgestattet. Die beiden hatten die Führungsriege des Innenministeriums eindringlich gewarnt: Deutschland drohten dramatische Folgen, kehre das Land zu schnell in den Alltag zurück.

 

Die ausführliche Dokumentation des beispiellosen Vorgangs ist hier nachzulesen: https://docs.google.com/document/d/1fWW6oVPusycmJFHO3RWr-DhDgN_97ZEvrOnghWP0WrE/edit

 

Laufen die jetzigen Verhandlungen um die Lockerungen des seit zwei Monaten bestehenden Lockdowns erneut nach diesem Muster ab? Werden die Schauerberichte über die englische Virusmutation erneut als Furchtappell benutzt[2], um ein weiteres „Worst-Case-Szenario“ zu verbreiten, obwohl es keinerlei wissenschaftliche Evidenz dafür gibt, dass diese Virusmutationen schwerere Verläufe von COVID-19 verursachen [3]  und die Vermutungen, die Mutationen seien verantwortlich für eine schnellere Ausbreitung des Virus, bisher nicht eindeutig geklärt sind ? [4]

 

Wird die Politik die Angst als politisches Machtmittel jemals wieder aufgeben?

Wie würde denn eine Politik aussehen, die ihre Fürsorgepflicht nicht auf Furchtappelle stützen und in vormundschaftlicher Art ausüben, sondern die ihre Bürger als Souverän und mündig betrachten würde?

 

Und vor allem: Wie würde eine Politik aussehen, die die Sorge um die zukünftige Generation unserer Kinder und Jugendlichen mindestens genauso hoch ansetzen würde wie die Sorge um den leiblichen Schutz der Hochrisikogruppen?

 

Eine Politik,  die die Sorge um unser geistiges und kulturelles Leben ebenso hoch ansetzen würde wie die Sorge um das rein physische Leben. Eine Politik also, die sich nicht ausschließlich an dem Berechenbaren, sondern auch an dem, was sich nicht berechnen lässt, orientiert.

 

Das sind die Fragen, die mich persönlich mindestens ebenso sehr beschäftigen wie die Frage nach der Verbreitung einer neuen Virusvariante.

 

Andreas Neider

 



[1] https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/2020/corona/szenarienpapier-covid19.pdf;jsessionid=EA07F4B530E462320AB7AC41A20C58B3.1_cid364?__blob=publicationFile&v=6 Seiten 4 und 13.

Auf den von der WELT-Redaktion aufgedeckten Zusammenhang hatte bereits im Dezember 2020 die Journalistin Aya Velazquez in einem lesenwerten Beitrag über die Rolle Chinas in der Pandemie aufmerkdam gemacht: https://www.rubikon.news/artikel/der-diktatur-vorreiter . In diesem Beitrag wies sie daraufhin, dass die beiden Hauptautoren des BMI-Papiers als China-Experten bekannt waren.


 

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Kommentare: 2
  • #1

    Bettina Mieg (Mittwoch, 10 Februar 2021 11:37)

    Keiner der "Wissenschaftler" ist aber Virologe oder Epidemologe, so Gunnar Kaiser: "Richtig ist, dass die maßgeblichen Autoren folgende sind:

    Otto Kölbl

    Maximilian Mayer

    Als weitere Autoren werden durch das BMI folgende genannt:

    Boris Augurzky

    Hubertus Bardt

    Heinz Bude

    Roland Döhrn

    Michael Hüther

    Christoph Schmidt

    Keine der genannten Personen hat jemals ein Studium in Epidemiologie, Infektiologie, Immunologie, Virologie, oder vergleichbares absolviert. Insofern ist die Auslegung in der WELT nicht nur unrichtig, sondern massiv irreführend."

  • #2

    Andreas Neider (Mittwoch, 10 Februar 2021 13:17)

    Das ist zwar richtig, dass die WELT den Kontext nicht korrekt wiedergegeben hat. Dadurch wird die Sache jedoch nicht besser, sondern im Gegenteil noch beunruhigender.
    Denn dann muss man sich fragen, wieso das BMI als Hauptautoren des Strategiepapiers eben keine Fachwissenschaftler, sondern ausgewiesene China-Experten beauftragt hat.