Die „Corona-Falle“ und das Kriegsende

[Andreas Neider:]  Zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges, das einen Neuanfang und ein anderes Deutschland hervorbringen sollte, blicken wir angesichts der Corona-Krise auf ein sich zunehmend totalitären Macht- und Denkstrukturen erneut annäherndem Deutschland. Allerdings ist dieses Deutschland dieses Mal nicht umgeben von „Siegermächten“ in Form anderer Staaten, nein, die „Siegermacht“ ist dieses Mal ein global wirksames, materialistisches Denken.

Dieses materialistische Denken, das die Viren als Feinde betrachtet, mit denen man durch einen „Krieg“ fertig werden müsse (Emanuel Macron), schlägt nun jedoch auf die Menschen selbst, die von dieser Art des Denkens regelrecht besessen sind, zurück. Die Menschheit ist zum Gefangenen des eigenen Denkens geworden. Denn Isolation und Quarantäne sind nicht erst seit heute, sondern schon seit dem 17. Jahrhundert, also dem Beginn des materialistischen Zeitalters  das Mittel, mit dem man Epidemien bekämpft hat.

Das sogenannte „Confinément“ in Frankreich, das wie auch in anderen Ländern eine totale Ausgangssperre über die Bürger*innen verhängt hat, ist für die Franzosen nichts Ungewohntes. Denn das staatliche Schulsystem schließt auch heute noch die Kinder in den Schulen ein. Nicht nur, dass dort die Schulen wie Gefängnisse von hohen Zäunen und Mauern umgeben sind – die Schulen sind während des Unterrichtes tatsächlich abgeschlossen, es darf niemand hinein oder hinaus, auch die Lehrer nicht. Es gibt nur ganz bestimmte kurze Öffnungszeiten, zu denen die Schule verlassen oder wieder betreten werden darf. Dieses auf Réné Déscartes und sein Denken zurückgehende Schulsystem entspricht der Vorstellung eines in  sich vollkommen abgeschlossenen und von der Umwelt getrennten Kopfes als Träger unseres Denkens.

Der Materialismus isoliert nicht nur den Menschen von der Welt, er isoliert auch die Phänomene der Welt voneinander und betrachtet sie ohne ihren inneren Zusammenhang. Er sieht dadurch auch nur materielle Phänomene und erklärt Seele und Geist des Menschen lediglich als Ergebnisse materieller Prozesse. Dadurch aber werden Seele und Geist zu Gefangenen und zum Anhängsel leiblich-materieller Vorgänge.

Und genau das bewirkt nun das Corona-Regime einer materialistischen Wissenschaft, gepaart mit zentralistisch autoritären staatlichen Maßnahmen. Ein individueller Umgang mit der ja bisher immer noch nicht wirklich erfassten Bedrohung durch das Corona-Virus, eine selbst verantwortete Quarantäne, ist nicht mehr möglich. Geschweige denn die Ausübung geistiger und künstlerischer Tätigkeiten des Kulturlebens. Diese werden beschränkt auf die digitalen Medien, die nichts anderes sind als die Verlängerung materialistisch vorgestellter, geistiger Prozesse.

Und so hat die „Corona-Falle“ tatsächlich zugeschlagen und hält die Menschen nun in ihrem eigenen materialistischen Denken und Vorstellen gefangen. Denn in diesem Denken besitzen Seele und Geist keinerlei eigenständige Bedeutung mehr und werden somit zu Gefangenen des eigenen Körpers. Denn nur um diesen geht es dem Corona-Regime: Es geht nicht um Seele und Geist des Menschen, es geht nur noch um seinen  Körper.

Wie sich die alten Menschen, die man durch das Corona-Regime zu schützen gedachte,[1] dabei eigentlich fühlen, was sie an Seele und Geist unter diesem Regime erleben, das interessiert das Regime nicht, da es eben nur auf die materiellen Vorgänge fixiert ist. „Leib und Leben“, so heißt es, müssten geschützt werden, und dem seien alle anderen Rechte unterzuordnen. In der einseitigen, eben materialistischen Ausdeutung von „Leib und Leben“ aber schnappt die Falle zu. 

Wird es nun in diesem „Krieg“, der in Wahrheit ein Krieg gegen Seele und Geist der Menschen ist, zugunsten der Siegermacht des Materialismus, auch noch ein „Kriegsende“ geben? Wird das materialistische Denken angesichts der Bedrohung, die es Seele und Geist gegenüber ausübt, doch noch besiegt werden können? Danach sieht es im Moment leider nirgends aus. Das Kriegsende vor 75 Jahren könnte immerhin als ein historisches Zeichen gesehen werden, dass jedoch auch diesem Krieg des Materialismus endlich ein Ende bereitet werden muss.

Andreas Neider

 

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